SchneeGestöber 8 | 2021/22


Schneeprofilbesprechung

Giftige Schwachschichten im Altschnee

 


Eine Lawinenreiche Zeit liegt hinter uns. Das Altschneeproblem, das für viele der Lawinen in den letzten Wochen verantwortlich war, bleibt uns leider auch weiterhin erhalten.


Ende Jänner herrschte eine Schönwetterphase mit trockener Luft und guter nächtlichen Abstrahlung. Die Schneeoberfläche kühlte stark aus und es wurden Schneeoberflächentemperaturen bis unter -20°C gemessen. An oberflächennahen Schichten entstand ein großer Temperaturunterschied, der die aufbauende Umwandlung anständig werkeln lies. Es entwickelten sich kantige Kristalle und die Schneeoberfläche wurde zunehmend lockerer. Auch Oberflächenreif war recht flächig vorhanden, vor allem im Waldbereich.

Begleitet wurden die Schönwettertage teilweise schon vom Wind, der um den 27.1. wieder stark bis stürmisch auflebte. Er fegte Rücken und Kämme frei, wirbelte die lockere Schneeoberfläche sowie Oberflächenreif auf und legte sie als störanfälligen Triebschnee im Lee wieder ab. Dies hatte einen Vorteil: der Oberflächenreif oberhalb der Waldgrenze wurde zum Teil vom Wind zerstört.

Außerdem bildete sich am 23.01. durch gefrierenden Hochnebel an der damaligen Schneeoberfläche eine dünne, aber flächig vorhandene Kruste. In den Folgetagen entstand unter der Kruste eine giftige Schwachschicht aus kantigen Kristallen. Zudem ist durchaus möglich, dass sich am 28.01. mit Einsetzen des Niederschlages und dem damit einhergehenden Temperaturabsturz zusätzlich ein Gefahrenmuster 4 –kalt auf warm- gebildet hat. Beides (Schwachschicht an Kruste und GM4) ist für eine recht flächige und großräumige Ausprägung bekannt. In Kombination mit einem passenden Brett ergeben sich Fernsauslösungen und große Bruchausbreitung. 

Zum Glück war die Schneevariabilität vor den Niederschlägen hoch, denn sonst wären die gebildeten Schwachschichten noch flächiger vorhanden und Lawinen wären vermutlich noch größer ausgefallen.


Variable Schneehöhe und -beschaffenheit vor den Niederschlägen

Am 28.1. waren die Niederschlagssummen recht gering, aber genug, dass sich oberflächennah ein weiterer Temperaturunterschied bilden konnte. Die Schwachschichten rund um die Kruste haben sich weiter ausgeprägt. Am 31.1. bis 3.2. in der Früh brachte uns Frau Holle, oder doch die NW Strömung, reichlich vom weißen Gold, zugleich aber das bis dato noch fehlende Brett für Schneebrettlawinen. Da die Niederschläge sehr stürmisch ausfielen, bildete sich großräumig frischer und störanfälliger Triebschnee. In den niederschlagsreichen Regionen herrschte zudem ein Neuschneeproblem.


lässige Schwünge im lawinensicheren Gelände



Mit Start der Schönwettertage stiegen auch die Temperaturen an, die eine  Bindung des Schneebrettes begünstigten und für eine gute Bruchausbreitung sorgten. Eine perfekte Konstellation aus Schwachschicht und Brett wurde geschaffen. Die Anzahl der Lawinenabgänge in den 3 Tagen war beachtlich und zugleich erschreckend!! Es erweckte den Anschein als würde der ganze Winter nur aus diesen drei Powdertagen bestehen. Der Winter ist lang und nur wenige Tage fordern absolute Zurückhaltung, aber mit solch einer Konstellation (Altschneeproblem) ist nicht gut Kirschen essen!

 


Schneeprofilbesprechung

Profil 1:

Lockere Schneeoberfläche aus kantigen Kristallen wurde eingeschneit und agiert nun als Schwachschicht.





Das Schneeprofil wurde am 08.02.2022 auf einer Höhe von 1800m, in einem NO exponierten, 20 Grad steilen Hang aufgenommen. Der Profilstandort ist in einem eher windgeschützen Bereich.


  Hellblau:  

Die drei unteren Schichten stammen von den Niederschlägen von Anfang November bis Ende Dezember 2021. Sie bestehen aus recht großen Tiefenreifkristallen, die man gut an ihren Facetten erkennen kann. Die Ecken und Kanten der Kristalle sind bereits abgerundet, was ein Indiz für die abbauende Umwandlung ist. Weiteres befinden sich gefrorenen Wassersäulen in den Schneeschichten, die eine stabilisierende Wirkung haben. Einerseits werden die lockeren Schichten dadurch ungleichmäßig und andererseits werden die Kristalle dort, wo die Säulen sind, verfestigt.


Gefrorene Wassersäulen

 


  Orange:  

Ist eine dünne Schicht aus 1 - 2,5 mm großen Tiefenreifkristallen, mit abgerundeten Ecken und Kanten. Mit einer Härte von 1 (Faust) ist sie sehr weich und würde sich durchaus noch als Schwachschicht eignen. Da sich darüber aber noch eine dicke, lockere Schicht (gelb) aus kantigen Kristallen befindet, wird die Eindringtiefe etwas reduziert.

 

  Violett:  

Bei der Schmelzkruste aus kantig- abgerundeten Kristallen handelt es sich um die Regenkruste vom 29./30.12.21. Mit einer Härte von 3-4 (ein Finger – Bleistift), ist sie auf der weicheren Seite für eine Kruste und von der Unterseite wird sie bereits etwas aufgefressen.

 

  Gelb:  

Der Übeltäter der Schneedecke.

Eine 13 cm dicke, sehr lockere Schicht aus kantigen Kristallen, mit einer Größe von 0,5 - 1 mm. Das zweite Symbol „kantig abgerundet“ dient hauptsächlich der Genauigkeit: einige Kristalle sind abgerundet, voranging handelt es sich aber um kantige Kristalle.

Diese Schicht bildet die alte Schneeoberfläche vor den Schneefällen Ende Jänner - Anfang Feber. Die damalige Oberfläche wurde in der Schönwetterphase samt klaren Nächten stark gekühlt und aufbauend umgewandelt, wodurch sich die kantigen Kristalle gebildet haben.

Hier konnte ein ECTP 1 erzielt werden, das heißt: beim ersten Schlag aus dem Handgelenk wurde ein Bruch in der Schwachschicht initiiert und pflanzte sich über den ganzen Block fort. Das deutet auf eine große Störanfälligkeit der Schwachschicht, in Kombination mit dem darüber liegendem Brett. Am Profilstandort stellt die schwache Schneedecke allerdings keine Gefahr dar, da es hier weitgehend unter 30 Grad steil ist.

 

  Grün:  

Das Brett. Gebundener Schnee aus Neuschnee, Filz und/oder runden Körnern.

Die Schichten stammen von den Niederschlägen vom 28.1.2022, sowie von den Starkschneefälle vom 31.1. - 3.2.

 

 

Profil 2 + 3:

Zeigen die Kruste, die durch den gefrierenden Hochnebel am 23.1. entstanden ist und die darunter liegenden kantigen Kristalle, welche hier die hauptsächliche Schwachschicht bilden.   








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