SchneeGestöber


Schneeprofil Besprechung

Ein Fundament aus Schwimmschnee



Im heutigen Gestöber besprechen wir ein Schneeprofil vom 24. Jänner 2021. Das Profil wurde in den Miemingern, am Simmering, in einem 34° steilen, SO ausgerichteten und eher schneeärmeren Hang gegraben und aufgenommen.


Die Schichten (von unten beginnend):






  Hellblau:  

Bodennah befindet sich ein Stock aus Schwimmschnee (Tiefenreif). Die aufbauende Umwandlung war hier stark im Gange, wodurch sich kleine und größere Becherkristalle bilden konnten. Mit einer Größe von 1 - 2 Millimetern sind die Kristalle bereits zu Bechern heran gewachsen. Die untere Schicht am Boden ist mit einer Härte von 1-2 (zwischen Faust und vier Fingern) etwas härter wie die dünne Schicht darüber mit Härte 1 (Faust).

Die Optik:

Bereits beim Graben bzw. Ausstechen sieht man, dass diese Schicht aus anderen Kristallen besteht als die darüber liegende. Sie ist glasig und nicht weiß wie beispielsweise Neuschnee. Die Kristalle sehen größer und lockerer aus und man sieht den Übergang zu den Schichten darüber schon rein farblich sehr gut.. Typisch für Schwimmschneekristalle sind die becherförmige Form und die einzelnen, gut sichtbaren Facetten. Facetten sind einzelne dünne Linien, die Schicht für Schicht auf den Kristall angefroren sind. So entsteht nach und nach die Becherform.

Fühlen und hören:

Holt man sich eine Handvoll Kristalle aus der Schneeschicht heraus und schubst sie locker auf der Handfläche herum, hört man ein Rieseln wie bei Zucker. Fasst man sie an oder stochert etwas mit dem Bleistift (wie ich es bevorzuge) in den Kristallen herum, merkt man wie hart sie sind. Drückt man drauf, brechen sie.

Die bodennahen Schichten stammen von den Schneefällen Anfang Dezember. Darauf folgte eine Schönwetterphase mit klaren Nächten und kalten Temperaturen, während der sich die Schneedecke aufbauend umwandelte.



  Violett:  

Eine Schmelzkruste, deren Kristalle zum Teil noch aus erkennbar aufbauend Umgewandelt sind bzw. noch Facettenkristalle aufweisen. Die Kristalle sind allerdings nicht locker sondern haben durch die Kruste eine Härte von 3 (mit einem Finger durchdringbar).

Die Optik:
ausgearbeitete Kruste gut erkennbar


Glasig, fest. Wenn man die lockeren Schichten darunter und darüber etwas weck wischt, bleibt die Kruste stehen und sieht aus wie ein Holzbrett in der Schneedecke.

Fühlen und hören:

Rieseln und knirschen beim Zerbrechen oder Zerbröseln. Die Kruste ist hart und man spürt sie sofort, wenn man mit den Fingern durch das Profil fährt.


Diese Kruste entstand durch den Regen am 21./22.12.20. Während des Schneefalles stieg die Temperatur stark an und der Schnee ging in Regen über, wobei sich die Regengrenze damals auf ca. 2400m einpendelte. 
Durch den dabei entstandenen Temperaturunterschied sowie die Befeuchtung der Schneeoberfläche bildete sich die Kruste. In Folge leistete die aufbauende Umwandlung gute Arbeit, wodurch die Schwachschichten darunter und darüber gebildet wurden. Klassisches Gm4 Problem (kalt auf warm, warm auf kalt) .




   Rot:   

Die kritische Schwachschicht dieses Profils!

Sie besteht aus Schwimmschnee (Tiefenreif). Die Facettenförmigen Kristalle sind zw. 1-2,5 mm groß und somit größer wie die Schicht unterhalb der Kruste. Mit einer Härte von 1 (Faust) ist diese Schicht sehr locker und die Kristalle weisen untereinander keine Bindung auf.

Die Optik: Wie die Bodennahen Schichten.

Fühlen und hören: Wie die Bodennahen Schichten.


Wie die Kruste ist diese Schwachschicht durch das Gm4 entstanden. Am 21./22.12. regnete es weit rauf, dann herrschten einige Tage Plusgrade vor, bis am 24.12. ein Temperaturabfall mit Schneefall eintraf. Darauf folgte eine längere Kälteperiode bis Mitte Jänner. Kalter Schnee kam auf nasser sowie warmer Schneeoberfläche zu liegen, so dass auf wenigen cm große Temperaturunterschiede in der Schneedecke herrschten, was die aufbauende Umwandlung wie kleine arbeitswillige Ameisen nur so werkeln lässt.


Manche Schichtgrenzen erkennt man schon an der Farbe gut:
Tiefenreif/Schwimmschnee wirkt glasiger und etwas grauer.




  Grün:  

Die Schicht von 40-68cm besteht aus kleinen (0,5mm), kantig abgerundeten Kristallen mit einer Härte von 2-3 (zwischen vier und ein Finger). Die Schicht von 68-78cm ist eine Mischung aus kantigen und kantig abgerundeten Kristallen, mit selber Größe, aber mit Härte 2 (vier Finger) und somit etwas weicher als die andere.

Die Optik: 
Diese Schichten sind weißlich


Fühlen und hören: Kein Rieseln. Die Kristalle sind klein und „weicher“, die Schicht aber kompakter.


Hier wirkt wieder die abbauende Umwandlung. Das heißt, dass die erst kantigen Kristalle dabei sind wieder rund zu werden, um ganz nah aneinander rücken zu können. Dies ist eigentlich positiv zu werten. Da aber die Schwachschicht darunter liegt bilden diese Schichten ein gutes „Brett“, was die Bruchausbreitung begünstigt und als etwaige Lawine abgleiten kann.

Diese Schichten stammen von den Schneefällen Mitte Jänner.



  Gelb:  


Diese zwei Zentimeter dünne Schicht findet man mit etwas Gespür schon beim Graben. Spätestens aber bei einem Test wird man auf sie aufmerksam. Die Schicht ist sehr weich (Faust, Härte 1) und besteht aus kleinen, kantigen Kristallen mit einem Durchmesser von 0,5mm. Die kantigen Kristalle sind aber noch nicht so stark ausgeprägt, dass sie einen Bruch gut ausbreiten können.

Die Optik: Eine Mischung aus glasigen und weißlichen, ganz kleinen Kristallen, mit Ecken und Kanten.


Fühlen und hören: Die Schicht ist zu dünn, um viel zu spüren oder zu hören


Darüber lagert eine hauchdünne glasige „Kruste“. Ich habe sie nicht ins Profil eingegeben, da sie so dünn und fast schon unauffällig ist. Doch möchte ich sie erwähnen, denn sie trägt höchst wahrscheinlich auch einen Teil dazu bei, dass sich die kantige Schicht gebildet hat. Woher genau sie stammt kann ich nicht mit Sicherheit sagen, es kommen mehrere Möglichkeiten in Frage. Sie könne durch Temperaturschwankungen in den Niederschlägen von Mitte Jänner entstanden sein, oder auch durch kalten Nebel, und ist wohl ursächlich auf ein schwach ausgeprägtes gm4 zurück zu führen.



  Orange:  

Kantige Kristalle mit Filz (erste Umwandlungsform von Neuschnee) mit einer Größe von 0,5 - 1mm und einer Härte von 1 (Faust).


Die Optik: Weiß. Kleine Kristalle mit Ecken und Kanten, gemischt mit Stiften.


Fühlen und hören: Locker, weich.


Diese Schicht stammt von den Schneefällen am 17. + 18.1.



  Grau:  

2 cm dicke Schmelzkruste mit Kristallen aus Schmelzformen, in der Größe von 1 - 2 mm und einer Härte von 4 (Bleistift).


Die Optik: Glasig, größere runde Körner und kompakt/fest

Fühlen und hören: Rieseln und Knirschen beim Zerbrechen oder Zerbröseln. Die Schicht ist hart, so dass man sie sofort spürt wenn man mit den Fingern durch das Profil fährt.


Die Kruste bildete sich in der Warmphase vom 19.-22.1.. Durch warme Temperaturen und Sonneneinstrahlung wurde die Schneeoberfläche feucht und in den Nächten fror sie wieder.



   Blau:   

Dünne Schicht vom Wind abgelagertem Schnee.



Die Tests:


ECTN 4 @ 87 cm – Es entstand beim 4 Schlag aus dem Handgelenk ein Teilbruch unterhalb der obersten Kruste. Die Schwachschicht ist hier wenig stark ausgeprägt und ein passendes Brett für eine Bruchausbreitung fehlt.



ECTN 12 @ 78 cm – Beim 12 Schlag, den zweiten Schlag aus dem Ellbogen, entstand ein Teilbruch in der dünnen kantigen Schicht (78-79cm). Auch hier fehlt ein passendes Brett und die kantigen Kristalle sind noch nicht ganz so stark ausgeprägt.

Bruchfortpflanzung über den gesamten Block, ECTP23. Darüber die zwei anderen Schwachschichten.


ECTP 23 @ 36 cm – THE PROBLEM!! Perfekte Schwachschicht, passendes Brett darüber, perfekte Bruchausbreitung und an diesem Profilort nur 54cm unterhalb der Schneeoberfläche. Somit durchaus von einem Wintersportler störbar.




Video zum Testergebnis:

(mit Ton ansehen dann könnt Ihr das Rieseln hören)





Artikel auch auf Powderguide zu finden.

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