Schneegestöber 5 2021 | 22

Flockdown – 
Schneeprofilbesprechung


Erst Regen bis in hohe Lagen, dann mehrere Tage mit überdurchschnittlich warmen Temperaturen für die Jahreszeit, und dann flockte endlich der lang ersehnte Neuschnee vom Himmel.


Rückblick:

Am 12.12. begann die Zeit der recht bescheidenden Schneeverhältnisse, die uns bis zum 5.1. erhalten blieben.

Die Warmfront, die uns am 12.12. samt leichten Regen bis auf ca. 2000-2300m (Tirol) einen Besuch abstattete, feuchtete die Schneeoberfläche an. Mit den darauf folgenden kalten Temperaturen und klaren Nächten bildete sich ein Deckel an der Schneeoberfläche. Ab dem 14.12. begann eine Schönwetterphase mit klaren Nächten und trockener Luft, in der die Schneeoberfläche stark auskühlte. Am 21. und 22.12. wurde an der Messstation Kühtai Längental eine Schneeoberflächentemperatur von -20°C gemessen.

Schönwetterphasen mit klaren Nächten fördern die aufbauende Umwandlung enorm und der Energieaustausch mit der Atmosphäre findet nicht nur in der Nacht, sondern auch unter Tags statt. Je trockener die Luft und kälter die Temperaturen sind, umso stärker wird die Schneeoberfläche gekühlt. Zusätzlich kühlt auch der Wind die Schneeoberfläche etwas.

Aufgrund dieser Prozesse entstand ein großer Temperaturunterschied in oberflächennahen Schichten, der den Prozess der aufbauenden Umwandlung in Gang setzte. Es bildeten sich wieder kantige Kristalle und die Schneeoberfläche wurde in Schattenhängen zunehmend wieder locker. In windgeschützten Bereichen konnte man eine Schneeoberfläche aus lockeren, kantigen Kristallen finden, auch bekannt als Noppenpulver, meist im Wechselnden Bruchharsch.

Zudem wurden durch die aufbauende Umwandlung (Deposition) an der Oberfläche vieler Orts Oberflächenreif gebildet. Hochnebel, der ab dem 16.12. über mehrere Tage lang vorherrschte, verstärkte die Bildung von Oberflächenreif und es konnten teilweise riesige Reifkristalle beobachten werden.

Am 29./30.12. traf uns die nächste Wärmfront. Erst brachte sie Schneefall, mit steigenden Temperaturen stieg dann aber auch die Regengrenze gebietsweise bis auf ca. 2500m an. Mehrere Tage mit frühlingshaften und für diese Jahreszeit zu warmen Temperaturen folgten. Kein Wunder, dass viele wieder die Kletterausrüstung rausholten, um noch ein paar Seillängen am angenehm warmen Fels zu klettern! Denn durch den Regeneintrag verschlechterten sich die Verhältnisse für Schitouren rapide.


An den Bildern der Webcam sieht man sehr gut den Regeneinfluss vom 29./30.12.



Einen riesigen Vorteil hatte der Regen vom 29./30.12. und die sehr warmen Temperaturen bis zum 5.12. allerdings, denn der vorher flächig vorhandene Oberflächenreif und die lockere Schneeoberfläche wurde zumindest in tiefen Lagen zerstört! Wären diese Schichten vom Neuschnee überlagert worden, würden sie eine extrem giftige Schwachschicht bilden. So bleiben zumindest die Verhältnisse im Waldbereich -auch nach dem Neuschnee- recht lawinensicher.


Riesige Reifkristalle

Am 5.1. war es dann soweit, eine Kaltfront brachte viele weiße Flocken!! Juhu endlich Neuschnee! Interessant war dass mit Einsetzen des Schneefalls der Wind kurz einschlief und dann wieder auflebte. Dadurch entstanden verschiedene Schichten im Neuschneepaket, wie man anhand des Schneeprofils sehen kann. Oberhalb der Waldgrenze bildeten sich kalte Triebschneepakete die leicht zu stören sind.


Die orange Linie zeigt das einsetzen des Schneefalls mit Temperaturabfall. Der Pfeil zeigt, dass  der Wind dabei kurz eingeschlafen ist.





Zum Profil:

Das Profil wurde am 05.01.2022 um 13:20, auf einer Höhe von 2146m, in einem 32° steilen, ostexponierten Hang aufgenommen. Alle Schichten sind trocken (1).

 



 Grün: 

0 – 27 cm: kantig- abgerundete Kristalle mit einer Größe von 1 – 2 mm und einer Härte von 3 (ein Finger)

27 - 28 cm: kantig- abgerundete Kristalle mit Tiefenreif, einer Größe von 1 - 2,5 mm und einer Härte von 2 (vier Finger). Das sind große Kristalle mit eindeutigen Facetten, die sich wieder in der abbauenden Umwandlung befinden. Ihre Ecken und Kanten werden wieder runder, die Kristalle kleiner, was sich positiv auf die Stabilität der Schneedecke auswirkt.

Die Schichten stammen von den Schneefällen bis Ende November.

 

 Grau: 

28 - 29 cm: Schmelzkruste aus kantig- abgerundeten Kristallen, mit einer Größe von 1 - 1,5 mm. Mit einer Härte von 3 (ein Finger), handelt es sich um eine recht weiche Kruste. Dies liegt daran, dass sie bereits etwas „aufgefressen“ wurde. Gebildet wurde sie durch den Regeneintrag samt Wärme vom 30.11./1.12.

 

 Rot: 

Hierbei handelt es sich um die Niederschläge von Anfang Dezember.

29 - 49 cm: kantig- abgerundete Kristalle mit Tiefenreif, einer Größe von 1 - 2,5 mm und einer Härte von 2 (vier Finger). Auch hier handelt es sich um große, facettenreiche Kristalle die sich in der abbauenden Umwandlung befinden.

49 - 52 cm: eine recht kompakte Schicht aus 0,5 mm kleinen, kantig- abgerundeten Kristallen mit einer Härte von 3 (ein Finger).

52 – 68 cm: eine wieder etwas weichere Schicht (Härte 2) aus kleinen, kantig- abgerundeten Kristallen.

 

 Hellgelb: 

68 - 71,8 cm: hier hat sich unterhalb der Eislamelle eine Schicht aus kantig, lockeren Kristallen gebildet, die sich bereits wieder in der abbauenden Umwandung befindet.

0,5mm kleine, kantige Kristalle die teilweise schon leicht abgerundete Ecken und Kanten aufweisen, mit einer Härte von 1-2 (Faust- vier Finger).

Darüber befindet sich, von 71,8 - 72 cm eine hauchdünne Eislamelle, entstanden durch den Regeneintrag am 29./30.12. Das Regenwasser sickerte in die Schneedecke und staute sich auf den kälteren Schichten darunter, wo es dann wieder gefroren ist.

  

 Gelb: 

72 – 73 cm: zwischen der Eislamelle und der Schmelzkruste hat sich eine dünne, lockere Schicht aus kleinen, kantigen Kristallen gebildet. Die Schmelzkruste (violett) war vor dem Schneefall am 5.1. die damalige Schneeoberfläche. Diese kühlte durch die Abstrahlung wie oben beschreiben stark aus, wodurch in den oberen Schichten der Schneedecke ein großer Temperaturunterschied entstanden ist, der die aufbauende Umwandlung in Gang setzte.

 

 Violett: 

73 - 75 cm: Schmelzkruste aus Schmelzformen, mit einer Größe von 1 - 2,5 mm und einer Härte von 3 - 4 (1 Finger- Bleistift). Regenkruste vom 29./30.12.

 Blau: 

75 - 94 cm: hierbei handelt es sich um den Neuschnee vom 5.1.2022.

An den verschiedenen Schichten kann man gut erkennen, dass es anfangs ohne Wind geschneit hat: lockere Neuschneekristalle mit einer Härte von 1 (Faust).

Darüber eine vom Wind bearbeitete, gebundene Schicht aus filzigen Stiften, gemischt mit kleinen, runden Kristallen mit einer Härte von 2 (4 Finger).

An der Oberfläche befindet sich wieder eine lockere, nur leicht gebundene Schicht aus Neuschnee- und filzigen Kristallen, wieder mit einer Härte von 1 (Faust).

 

Beim Extended Column Test konnten zwei Teilbrüche erzielt werden. Jeweils in der dünnen, kantigen Schicht zwischen der Schmelzkruste (violett) und er Eislamelle.


Profilstandort

 


2 Kommentare:

  1. Liebe Stefanie,
    vielen Dank für Deinen tollen Beitrag.
    Eine Frage habe ich zum Profil, Du schreibst, daß Du in dem blauen Bereich, also zwischen 75 und 94 cm an den verschiedenen Schichten gut erkennen kannst, daß es ohne Wind geschneit hat. Woran machst Du das fest ? Danke, LG Frank

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    1. Hallo Frank, danke, sehr gerne :-) Man kann es an den Kristallformen erkennen. Die unterste blaue Schicht besteht aus gut erkennbaren 1mm großen Neuschneekristallen, mit einer Härte von 1. Wäre hier der Wind im Spiel gewesen, hätte sich die Kristallform bereits verändert und es wär zumindest Filz, bis hin zu Punkt dabei. Anhand der Messstationen kann man es auch erkennen. Lg Steffi

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